Merkel-Moussaka auf Kerkyra

Da die Familienministerin dieses Jahr festgelegt hat, endlich mal wie normale Menschen Urlaub zu machen, ging es Mitte September auf die griechische Insel Kerkyra bzw. Korfu, wie SWE sagen würde. Korfu nannten die venezianischen und britischen Besatzer die Insel, bei den Griechen hieß sie schon immer Kerkyra.

Um nicht ganz dem X-Diaries-Tourirummel zu erliegen, mieteten wir ein Motorrad, um das Eiland auf eigene Faust zu erkunden. Zu meinem Glück wollte es Göttervater Zeus, dass der heimische Erstligist AO Kerkyra während unserer Anwesenheit ein Heimspiel austrägt, so dass auch die essentielle, wöchentliche Dosis Fußball meinem Herzen injiziert werden konnte.

AO Kerkyra wurde 1967 gegründet, der Club entstand aus einer Fusion aus drei Vereinen, die bereits seit den 20'ger Jahren des letzten Jahrhunderts auf regionaler Ebene spielten. Richtig aufwärts ging es aber erst Anfang der 2000er Jahre, als ein potenter Geschäftsmann das Heft des Handelns in die Hand nahm und innerhalb von 4 Jahren drei Aufstiege bewerkstelligt werden konnten, 2004 war dann die Insel Kerkyra erstmals in der höchsten griechischen Spielklasse vertreten.

 

Samstag, 17.09.2011 – 17.15 Uhr

AO Kerkyra - Panaitolikos GFS Agrinio 2:3 (1:0)

Stadio Kerkyras – 882 Zuschauer

Das Stadio Kerkyras liegt direkt neben dem Flughafen, und so hat wohl so ziemlich jeder Touri das Ding zumindest schon mal gespottet. Leider versprüht das Stadion wenig Charme, zwei langweilige Tribünen komplett bestuhlt, davon eine überdacht, dazu konventionelle Flutlichtmasten, eine Anzeigetafel sucht man vergeblich, der Ground zeugt halt davon, dass man sehr lange keine Rolle im höherklassigen Fußball gespielt hat, es passen auch nur etwa 2500 Zuschauer hinein.

Da es an diesem Samstag recht warm war und die meisten Einheimischen den Tag wohl lieber am Strand verbrachten, kamen offiziell nur 882 zu Besuch, darunter auch einige Gästefans, die auf der Haupttribüne Platz nahmen, sich aber nur durch den Torjubel bemerkbar machten.

 

Nachdem wir das Stadion einmal umrundet hatten, fanden wir dann auch jemanden, der Karten verkauft, 12 Drachmen pro Nase sind nicht gerade billig, dafür wurden wir aber von einem Mitglied der Vourligans zu unserem Block geleitet. Vourligans nennen sich die Ultra-Fans von Kerkyra, das Wort ist ein Schachtelwort aus vourlesmenos – korfiotisch für verrückt, und Gustav Gans.

Am Einlaß wurde den Polizisten noch verklickert, dass wir turistas seien, und so gab es noch einen netten Plausch über Merkel und die Krise. Früher wurde man im Ausland noch auf Mercedes oder Hitler angesprochen, heute auf Merkel, ob das nun gut oder schlecht ist, habe ich für mich selbst noch nicht herausgefunden. Wir nahmen direkt neben den Vourligans Platz, sehr viele waren nicht anwesend, am Support beteiligten sich vielleicht 40 Mann. Zu Beginn gab es eine Schnipselchoreo (aus griechischen Telefonbüchern), dann wurde etwas getrommelt, gesungen, trompetet. Ganz nett für nen lauen Sommerabend, aber auch nicht weltbewegend.

 

Auf dem Feld konnte ich zwei alte Bekannte aus der Bundesliga erspähen, auf der Gästeseite Angelos Charisteas, gerade von Schalke 04 gewechselt und seines Zeichens Siegtorschütze für Griechenland im EM-Finale 2004, auf der Heimseite Timo Wenzel, gerade von Omonia Nikosia gewechselt und seines Zeichens Siegtorschütze für die D-Jugend des FC Burlafingen im Kreispokalfinale 1991, oder so ähnlich. Einigen dürfte er auch als Spieler des VfB Stuttgart und Kaiserslautern bekannt sein.

 

Das Spiel begann sehr zäh,und so breitete sich Langeweile im Stadion aus, selbst die Vourligans verloren die Lust am Support. Mitte der ersten Halbzeit konnte sich Kerkyra aber ein paar Chancen erspielen und auch in Führung gehen, was die Supportwilligen wieder aufweckte. Danach passierte aber nichts mehr. Kurz nach dem Pausen-Ouzo glichen die Gäste aus und erspielten sich langsam aber sicher ein Übergewicht, was die Stimmung auf Heimseite immer nervöser werden ließ.

Im Sekundentakt wurde nun von der Heimseite aus das Wort Malakas gegen Schrieri und Spieler krakeelt. Malakas war mir eigentlich als das griechische Wort für „Wichser“ bekannt, aber in der Frequenz, wie es von den Zuschauern benutzt wurde, scheint es eher ein universelles Schimpfwort zu sein, analog dem polnischen „kurwa“ oder russischem „suka“. Ich bin ja eher ein Fan von ein- oder zweisilbrigen Schimpfwörtern, so dass ich Malakas wohl eher nicht in meinen Sprachgebrauch aufnehmen werde.

 

Kurz vor Schluß gingen die Gäste durch einen Doppelschlag mit 3:1 in Führung, was zu einer Massenabwanderung im Stadion führte, die meisten verpassten dann auch den Anschlußtreffer von Kerkyra in der letzten Spielminute, dieser war dann aber nur noch Malakulatur.

 

Fazit: Den Ground in Kerkyra-City kann man mitnehmen, wenn man mal da ist. Ansonsten war's nicht besonders aufregend. Im Norden der Insel gibt’s noch einen Ground, in dem Dorf Kassiopi. Netter Kunstrasen, direkt am Meer gelegen. Leider gabs nirgendwo einen Hinweis, wann der heimische Kassiopi F.C. spielt. Das Trainingsgelände von AO Kerkyra bietet noch einen netten Platz, direkt neben der Landebahn des Flughafens, mit einer schicken kleinen weißen Tribüne. Wann dort gespielt wird, war aber auch nicht herauszubekommen.

 

StGermain

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Kommentare: 1
  • #1

    Australier (Samstag, 08 Oktober 2011 21:59)

    Habe mir das Stadion dieses jahr auch mal angesehen da man ja als Touri unweigerlich vorbei muss.
    Für Spiele mit Problemfans ist dieses Stadion auf keinen Fall geeignet. Da führt einerseits dei Straße vorbei naja und ganz verrückte stürmen dann auch noch den Fluhafen. Und im Stadion war so einiges nicht niet- und nagelfest. Leider fand dort während meines Urlaubs kein Fussballspiel statt.