In der Wiege des Fußballs!

Fußball in Leipzig. Eine Pralinenschachtel, in der für jede_n etwas dabei ist! RB, Lok, Chemie, RSL - Rot-Weiß, Blau-Gelb, Grün-Weiß, Rot-Schwarz… alles was der Farbraum von GIMP hergibt. Übertüncht vom erneuten Straucheln des Stadtprimus und der Leutzscher Familientragödie, hat der 1.FC Lokomotive Leipzig in der letzten Saison, ähnlich dem DSC, fast unbemerkt den Aufstieg von Dynamos Gnaden geschafft. Auch hier verzichtete die SGD auf den erreichten Aufstieg, wovon Probstheida profitierte. Letztlich verhalf den Blau-Gelben auch noch die mangelnde Aufstiegsberechtigung der Jenaer und der Erfurter Reserve, sodass der sechste Platz genügte. Vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten, prallen dieses Jahr im Leipziger Zentralstadion zwei Fußballwelten aufeinander!

Auf der einen Seite RB Leipzig - auf der anderen weit über ein Jahrhundert andauerende Fußballtradition. VfB Leipzig, 1893 gegründet, erster Deutscher Fußballmeister im Jahre 1903. Gründungsmitglied des DFB. 1906 und 1913 folgten weitere Meistertitel. Schließlich eröffnete der Verein für Bewegungsspiele 1922 in Probstheida den Gr(o)und für unsere Reise. 1932 erhält das VfB-Stadion noch die markante Holztribüne.

 

Im September 1899 treffen der VfB Leipzig und der Dresdner SC das erste mal aufeinander. "Die Lilien" obsiegten mit 5:0. Für den DSC folgt Niederlage auf Niederlage. Im Jahr 1912 erreichten die zu der Zeit in Trachau kickenden Friedrichstädter nach 12 Niederlagen und 11:53 Toren immerhin ein Unentschieden. Erst am 05. Mai 1928 gelingt dem DSC der erste Sieg gegen den VfB Leipzig. Kurz darauf werfen die Schützlinge von Jimmy Hogan die Probstheidaer auch aus dem Mitteldeutschen Verbandspokal.

 

1936 gewinnen die Blau-Weißen nach dem 1. FC Nürnberg als zweite Mannschaft den Tschammerpokal, ehe auch der VfB 1945 aufgelöst wird. In Sichtweite des Völkerschlachtdenkmals kickt ab 1946 die SG Probstheida, bald umbenannt in BSG Erich Zeigner, kurz darauf BSG Einheit Leipzig-Ost und schließlich die Namensänderung in SC Rotation Leipzig. Das war's aber noch nicht. Die Sportpolitik der SED streicht keine zehn Jahre später den Zusatz Rotation. Am 20. Januar 1966 wird aus dem SC Leipzig die Fußballabteilung ausgegliedert. Diese trägt folgend den sportlichen Namen 1. FC Lokomotive Leipzig.

 

Trotz Bevorzugung als Leipziger Schwerpunktclub wird Lok nie Meister. Gewinnt jedoch in vier von acht Finalteilnahmen den FDGB-Pokal (1976, 1981, 1986, 1987). Höhepunkt der Vereinsgeschichte: Finalteilnahme im Europapokal der Pokalsieger 1987. In Athen unterliegt der 1.FC Lok Ajax Amsterdam mit 0:1.

 

Am 01. Juli 1991 wird aus Lok wieder der VfB. 1992/93 gelingt der Aufstieg in die 1. Bundesliga, um nach nur einem Jahr mit nur drei Siegen wieder abzusteigen. 1998 folgt der Abstieg in die Drittklassigkeit. Dort treffen seit langem wieder Probstheida und die aus der Oberliga aufgestiegene Friedrichstadt in ihren Traditionstempeln aufeinander. 1.500 Zuschauer wollen das Spiel im Steyer-Stadion sehen, welches der VfB mit 2:0 gewinnt. Auch das Rückspiel gewinnt der VfB vor 4.000 Zuschauern im Plache-Stadion. Es folgen vier weitere Begegnungen. Drei mal heißt erneut Leipzig der Sieger, bei einem Unentschieden.

 

Im Jahr 2004 folgt der Insolvenz schließlich die Löschung aus dem Vereinsregister. Der am 10. Dezember 2003 als Auffangverein gegründete 1.FC Lokomotive Leipzig übernimmt die Nachwuchs- und Frauenmannschaften. Die Männer treten in der untersten Liga an. Innerhalb von vier Jahren gelingt der Aufstieg von der elften in die fünfte Liga. Bis der 1.FC schließlich als sechster in die neue Regionalliga Nordost aufsteigt. Auf diese bereitet LOK sich gerade vor. Und weil es diesen Sommer très chic ist, testet auch Probstheida gegen einen englischen Spitzenverein. Zurvor schon der CFC gegen Newcastle, West Ham gegen den Osten oder TeBe gegen Notthingham, so nun auch Lok. Gegen die Londoner aus dem Craven Cottage.

 

Der Fulham Football Club zog immerhin 5.012 Menschen ins "Bruno", ihm folgten auch ein paar wenige eigene Anhänger. Vielleicht 50-100 im Gästeblock. Der zum fremdschämen verleitende Stadionsprecher meldete: "Ausverkauft!". Wir für uns meinten, noch nie so viel Platz in einem ausverkauften Stadion gehabt zu haben, wie wir uns schon über die kurzen Schlangen am Kartenverkauf wunderten. Laut Wikipedia dürften auch bis zu 7.000 Menschen im Rund Platz finden. An sich könnten auch noch wesentlich mehr, doch große Teile der Kurven sind bereits dem Verfall Preis gegeben.

 

Die Begegnung war im Gegensatz zum Zuschaueraufkommen recht mau. Bei den Londonern spielten mit Mark Schwarzer, Mladen Petric, Sascha Riether und Edelhühne John Arne Riise alte Bekannte, welche ab und an ein wenig Glanz im maroden Plache-Stadion versprühten. Die Stimmung beim Heimanhang war  leider schlecht. Um einen Lok-Spieler zu zitieren:"Totenstimmung". Dazu trugen sicher auch die humorlosen Engländer ihren Teil bei. Die sich nicht, wie Newcastle  in Chemnitz, zunächst den Ehrentreffer einschenken lassen und dann vergessen die eigenen Tore zu machen. Die Spielverderber hielten Lok an der kurzen Leine, zogen ab und an mal nach Belieben an und verweigerten den Ehrentreffer komplett. Gegen Ende der Partie dann anhaltende Scheiß-Red-Bull-Wechselgesänge zwischen Holztribüne und Gegengerade, als stimmungstechnischer Höhepunkt...

 

Das traumhafte Stadion entschädigte jedoch für vieles. --> Bilder

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