Fußball im Outer Rim!

Wenn Mensch schon für ein Wochenende nach London übersetzt, sollte zumindest ein Tag im Homeland des Fußballs im Zeichen des selbigem stehen. Dummerweise hatten die Londoner gerade alles andere als Fußball im Kopf. Erste Hoffnung: wenn Team GB das Spiel um das olympische Gold im Wembleystadion erreichte, wäre es doch wünschenswert dabei zu sein. Aber das Erstehen einer Eintrittskarte war genauso aussichtslos, wie die Chance der Britischen Auswahl das Finale zu erreichen.

Da sich schon ziemlich offiziell herumgesprochen hatte, dass der Boleyn Ground einem Einkaufszentrum und Wohnblöcken zu weichen hat, stand selbiger ganz oben auf der Wunschliste. Die Hammers und die Spurs hatten sich um die Nachnutzung des Olympia-Stadions beworben, wobei die Hammers scheinbar den Zuschlag erhalten haben.

 

Beim durchforsten des Internets nach PreSeasonFriendly-Ansetzungen wurde die frohe Botschaft auf der Präsenz des FFC verkündet: Fulham Football Club – Charlton Athletic im Craven Cottage! Ja dem Link zum Ticketerwerb folgen: Bäm! Behind closed doors! Da hat die City of London Police fix beschlossen, dass alle Fußballbegegnungen während der Olympischen Spiele ohne Zuschauer ausgetragen werden. Ein Traum... daher befanden sich die meisten Londoner Teams wohl auf Kontinental-Tour...

 

Letzte Chance: hinaus ins Outer Rim. Wycombe – Watford? Reading – Crystal Palace? Alles zu weit, da bleibt nur Dagenham & Redbrigde FC. „Dag&Red“ oder „The Daggers“, wie die Truppe aus Greater London genannt wird, gegen die Reserve von West Ham United. „Hammers“ gegen „Daggers“ - in Alemannisch: Hämmer gegen Dolche. Das klingt brutal, ist aber so.

 

Die Wurzeln des Heimvereins liegen beim 1881 gegründeten FC Ilford. Dieser schloß sich 1979 mit dem benachbarten FC Leytonstone zusammen. Der neue Verein ließ den Traum eines jeden Fußballfan wahr werden und kaufte 1988 den Walthamstow Avenue FC auf. Die neue Truppe schimpfte sich fortan Redbridge Forest. Kurz darauf zog der Verein an den heutigen Spielort, die Victoria Road. Schon fast zonenähnliche Zustände, aber 1991 fusionierte der Verein erneut. Und zwar mit dem FC Dagenham. Neuer Name war der heute alt bekannte: Dagenham & Redbrigde FC.

 

Ab 1996 kickte der Verein in der so genannten Isthmian League, eine Amateurliga die London und South East England umfasst. Die Isthmian League ist zumindest heute die siebte Liga in England. Das Wort Isthmian, wir würden isthmisch von Isthmus sagen, stammt aus dem Griechischen und beschreibt einen relativ schmalen Streifen Land, der beidseitig von Wasser begrenzt ist und zwei größere Landmassen miteinander verbindet. Aha ...

 

Erst im Jahr 2000 gelang der Wiederaufstieg in die Football Conference. Die Saison 2006/07 brachte den bislang größten Erfolg des Vereins, den Aufstieg in die Football League, quasi der Sprung vom Amateur- in den Profi-Bereich. 2009/10 stieg der Verein dann sogar von der Football League Two in die Football League One auf, schaffte aber nicht den Klassenerhalt und spielt damit derzeit in der vierthöchsten Liga.

 

Im offiziell "London Borough of Barking & Dagenham" geschimpften Stadion finden knapp 6.000 Peoples Platz. 625 wollten die Partie gegen die Reserve von West Ham United schließlich sehen. Es entwickelte sich ein ansehnliches Spiel, wobei den jungen Hammers einfach die Härte fehlte. Manche Zweikämpfe hatten eher die Ästhetik eines Ringkampfs, obwohl die Heimmannschaft bei den Toren zeigte, dass sie auch mit der feinen Klinge brillieren kann. West Ham machte es kurz nach der Halbzeit kurzzeitig spannend, als sie sich auf 2:3, mit Unterstützung des Schiedsrichters, wie der Heimanhang nicht sehr gentlemens like bemängelte, ran ballerten. Doch die „Dolche“ stachen zurück und stellten zweimal den alten Abstand wieder her.

 

Die Verpflegung bestand aus einer breit gefächerten Auswahl an Soft-Drinks und diversen Burgern, mit der Option eines Schokoriegels als Verdäuerli. Also nichts was dem gastronomischen Gusto eines Osteuropareisenden entsprechen würde. Aber hey! Wer bin ich, dass ich mich den einheimischen Gepflogenheiten nicht beugen würde, schließlich war ich schon vom morgendlichen Bratwurst-Genuss im Rahmen des English Breakfast voll und ganz von der indigenen Fauna in ihren Bann gezogen worden.

Dag&Red - West Ham XI

 

Am Sonntag stand der eigentliche Reisegrund auf dem Programm. Vor 80.000 Zuschauern spielten die The Specials, New Order und Blur im Hyde Park.

 

 

Impressions of London:

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Kommentare: 2
  • #1

    Friedrichstädter (Samstag, 25 August 2012 22:54)

    Und wie war's bei New Order? Zuletzt musste Bernard Sumner sogar "I see a ship in the harbor" vom Telepromter ablesen, kann er jetzt wieder den Text?

  • #2

    MadHatt3r (Montag, 27 August 2012 21:16)

    Singen konnte er ja noch nie ... aber so nah waren wir dann auch nicht dran, dass ich sowas hätte erkennen können! Zum Abschluß kam immerhin "Love Will Tear Us Apart"! Schöner Höhepunkt!