Unverhofft ist dann doch am schönsten!

Da freut man sich mal auf ein Wochenende ohne Fussball und fährt in eine Region, von der man meint, vom Veranstalter weitab eines Fußballgrundes untergebracht worden zu sein und dann das! Auf dem Weg zum Bierseminar mit eisenbahntechnischem Hintergrund entdeckt man nur unweit des eigenen Schlafgemachs, liebevoll „Ausnüchterungszelle aus zaristischen Zeiten“ genannt, eine wundervoll in die Landschaft drapierte Tribüne und ein dazugehöriges Areal für die Jagd nach dem runden Leder.

Die hektische Betriebsamkeit, die am Kassenhäuschen vorherrscht, signalisiert uns, dass es der Zufall so will, dass eine Partie für dieses Pfingstwochenende anberaumt ward. Ein Plakat verrät zudem, Liberec zu Gast in Doksy und noch eine Stunde Zeit für das ferrosexuelle Bierseminar. Nach lakonischer Wissensvermittlung, gepaart mit spartanischem Humor eilen wir zurück zum Stadion.

 

Ein paar Minuten alt ist die Partie bereits. 30 Kronen gegen Eintrittskarte und Programmheft getauscht und erst mal fix zum Pivo- und Klobasastand. 62 Kronen später, endlich das fettige Glück in der Hand, nehmen wir auf der äußert schicklichen Tribüne platz. Das verzaubert uns dann doch das Wochenende. In der Abgeschiedenheit herrschte kaum die Möglichkeit an Fussball nur zu denken, und plötzlich mittendrin im zauberhaften Spektakel. Wüste Beschimpfungen, so mutmaßen wir zumindest nach Tonfall des älteren Herren und seinen Gesten Richtung Schiedsrichter, nach jeder zweifelsfreien Abseitsentscheidung gegen Doksy und kaum anzusehender Fußball. So muss das.

 

Nachdem das Fleisch verzehrt, verrät das Programmheft, dass hier ein wahres Spitzenspiel stattfindet. Zweiter gegen Vierter. Wobei jegliche Spannung bereits verflogen ist. Jablonec zieht als Primus einsam seine Kreise. Liberec hätte den Kampf um die Vizemeisterschaft mit einem Sieg wieder spannend machen können, das war es aber auch schon. Das 1:0 für die Hausherren hatten wir jedenfalls verpasst. Weitere Möglichkeiten blieben Mangelware, und wenn dann wurde kläglich vergeben. Frei aus fünf Meter über den liegenden Keeper sowie über das Tor, auf der anderen Seite traf der Gast nur die Latte.

 

Mehr Zeit zur Wahrnehmung der Umgebung. Auf der einen Seite Stacheldraht und Industrieanlagen, Natur hinter dem neuen Funktionsgebäude, Zivilisation zur linken und ein Hauch von Geschichte atmete die Tribüne, welche noch das alte Logo von Dynamo Doksy ziert. Den Verein gibt es an sich seit 1923. SK Doksy (Sportclub) nannte sich der Verein auch 1945, als man nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft neu begann. In den 50er Jahren bekam man jedoch den Namen Sokol übergeholfen, woraus 1953 Dynamo wurde, heute nennt man sich TJ, was für Turnvereinigung steht.

 

Die Mannen der Partnerstadt Oybins machten in der zweiten Hälfte ordentlich Druck und zeigten guten Fußball. Verdient fiel das 2:0. Durch einen abgefälschten Schuss, bei dem der Torwart keine gute Figur machte, kamen die Gäste glücklich zum Anschlußtreffer und die Partie wurde hektischer. Doch Doksy nutzte eine der zahllosen Kontersituationen zur Entscheidung.

 

Nach Ende des Spiels verließen wir das Stadion „hlavní hřiště“, was einfach nur soviel wie „Hauptplatz“ bedeutet und kehrten zurück in unsere eremitische Klause.

 

Bilder/Statistik

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