Junge Menschen auf dem Rasen…

Pokal-Halbfinalspiele sind ja gemeinhin echte Highlights, bei denen sich der gemeine Fan nah dran der großen europäischen Fußballbühne wähnt („Europapokal!“). Meist gibt man solchen Begegnung dann noch einen würdigen Rahmen (Ausverkauf, Flutlicht, Fernsehen etc.), so dass sich oftmals unvergessliche Erlebnisse ergeben.

Das es auch ganz anders geht, wurde einem bei der slowenischen Pokalbegegnung zwischen NK Celje und NK Aluminij Kidričevo gewahr. An einem Mittwoch um 18h angesetzt, verliefen sich in dem für 13.000 Menschenausgelegten Rund der „Arena Petrol“ zu Celje knapp 2.500 Zuschauer, von denen ein beträchtlicher Teil aus den Jugendmannschaften des Vereins stammte, die zur Halbzeit geehrt wurden – von A bis F-Jugend, alles auf dem Rasen. Zählt man noch Betreuer, Mamis und Papis hinzu, blieb an Pokalinteressierten nur noch eine gefühlte Minderheit übrig. Aber in Celje ist Handball die Sportartnummer 1, von daher war der Zuspruch vielleicht auch nicht so verwunderlich. Trotzdem ein wenig enttäuschend, zumal der Sieger des Spiels schon mit einem Platz in der Europa-League Qualifikation planen konnte, da der feststehende Meister Maribor das andere Halbfinale gegen einen unterklassigen Gegner bestreiten musste und auch gewann.


Immerhin hatte der Verein die Zeichen der Zeit erkannt und für das Spiel auf die Erhebung von Eintritt komplett verzichtet, so dass der werte Fussballtourist schon gleich beim Betreten des Stadions ein Lächeln auf dem Gesicht hatte. In Slowenien wird der Pokal noch im Hin- und Rückspiel-Modus ausgetragen und die Begegnung in Kidričevo, dem Verein mit dem herrlichen old-school Emblem, war 1-1 ausgegangen. Damit war die Ausgangslage für beide klar und es entspann sich ein munteres Spiel auf übersichtlichem Niveau. Zur Halbzeit hatten beide Teams jeweils den Pfosten getroffen, aber so sehr sich die Gäste auch mühten, der Gastgeber wirkte reifer - soweit man das behaupten kann, da beide Teams vom Alter her mit gefühlt jeweils 10 A-Jugendlichen agierten. Die Stimmung war freundlich, die 20 Ultras von Celje, die alleine die Gegengerade des eher funktionalen Stadions für sich hatten, wirkten etwas deplatziert, zumal sich aus Kidričevo sage und schreibe 4 Fans in den Gästeblock verloren hatten.

 

Ab der 50min begannen die Hausherren dann das Spiel nachhaltig zu zerstören und sich unverständlicherweise auf das Halten des 0-0 zu beschränken. Ballwegschlagen, lamentieren und Zeitspiel wurde zum Standard, so dass der neutrale Zuschauer den etwas hilflosen Gästen ein Tor zu wünschen begann. Das dies beinahe auch tatsächlich geschah, lag dann an einem kompletten Aussetzer der Hausherren, die sich innerhalb von 2 Minuten vollkommen zu Recht 2 selten-dämliche rote Karten einfingen (Ballwegschlagen, Beschweren) und die letzten 5 Minuten hektisch den Ball von der Torlinie fernhalten mussten. Aber es fiel nicht, daher konnte die junge Mannschaft Celje‘s nach 90min den Sprung nach Europa ausgiebig feiern, während der reisende Fußball-Fan schon das nächste Ziel vor Augen hatte.

 

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Wer große Fußball-Tradition vergangener Tage in Slowenien sucht, kann einen Abstecher nach Trbovlje machen und die grün-schwarzen „Bergleute“ von Rudar anschauen. Als es noch Bergbau in der Region Zentral-Sloweniens gab, spielte die Mannschaft immer in der ersten slowenischen Liga und war darüber hinaus in den 1970er Jahren auch in der Inter-Jugoslawischen Liga vertreten. Doch nun wo die Industrie in der Region abgewickelt wird, ist die Mannschaft in der 3ten Liga Sloweniens gestrandet und auch dorthin ist man gerade erst wieder mühsam aufgestiegen. Dabei hat so mancher slowenische Kicker die Jugend-Arbeit des Vereins durchlaufen, der mit Mišo Brečko (1.FCKöln) sicher einen der in Deutschland bekanntesten Slowenen überhaupt ausgebildet hat. Heute ist der Verein bestenfalls durch die intensiven Derbys gegen das benachbarte Zagorje bekannt, für das schon mal gerne eine Hundertschaft aus der Hauptstadt Ljubljana anreisen muss und der Verband Erstliga-Schiedsrichter abstellt.

 

An diesem Nachmittag gegen die Adria-Kicker von Jadran Dekani jedoch verliefen sich in kleinen, aber netten Stadion vielleicht mal gerade 250 meist betagtere Semester, um die heimische Auswahl im Abstiegskampf zu unterstützen. Auch eine Handvoll Ultras war vor Ort, die allerdings jenseits von wüsten Beschimpfungen gegen den Schiedsrichter selten aktiv wurden. Nachdem der Verein in der Hinrunde vollkommen im Plan war, hagelte es nun in der Rückrunde Niederlage um Niederlage und der Club schwebte nun 6. Spieltage vor Saisonschluss in akuter Abstiegsgefahr. Grund für den schwankenden Saisonverlauf war offenbar ein Trainerwechsel, wobei der gehende Mannschaftsleiter gleich noch 4 Leihspieler (und offensichtliche Leistungsträger) mitgenommen hatte. Auch an diesem Nachmittag setzte sich der negative Trend nahtlos fort. Wieder agierten zwei junge Mannschaften auf recht gutem Niveau, wobei der Gastgeber klar bemüht war, dass Heft in der Hand zu nehmen und das Ruder in der Saison noch herumzureißen. Allerdings zeigt das Heimteam eklatante Abschlussschwächen, während der Gast nur eine Halbchance brauchte um mit 1-0 in die Pause zu gehen.


Nachdem man sich im geselligen Biergarten mit praktischem Blick auf das Spielfeld gestärkt hatte, sah man in der zweiten Hälfte ein ähnliches Bild. Zuerst verloren die Gastgeber nach einer vertretbaren Schiedsrichterentscheidung einen Spieler durch Gelb-Rot, machten dann nach einem wütenden Sturmlauf den Ausgleich, nur um dann 10min vor Schluss in einen Konter zu laufen und das Spiel mit 1-2 zu verlieren. Typisch, wenn man unten drin steht. Besonderen Unmut der Fans zog sich der Schiedsrichter zu, der sich offenbar erst nach geraumer Zeit wieder aus seiner Kabine traute. Alles in allem ein netter Fußball-Ausflug in die unteren Ligen, wobei einem das Szenario von Abstiegskampf und Unvermögen seltsam bekannt vorkam…

 

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