Zeckenderby

 

Testspiel| Sa., 26.07.2014 | 15:o0 | Millernstorstadion

 

 

Fußball-Club St. Pauli von 1910

 

 

1:0(1:0)

 


The Celtic Football Club

 

 

St. Pauli: Tschauner – Schachten (67. Nehrig), Gonther (88. Thorandt), Sobiech, Buballa – Görlitz (88. Kringe), Kalla (77. Ziereis), Buchtmann (67. Trybull), Bahn (46. Maier) – Nöthe (67. Daube), Verhoek (46. Thy) Trainer: Roland Vrabec

 

Celtic FC: Gordon (46. Zaluska) – Herron, O’Connell, Findlay, Twardzik – Henderson, Bitton, McGeouch, Atajic – Balde (46. Waters), Watt Trainer: Ronny Deila

 

Tor: 1:0 Nöthe (39.)

 

Bes. Vorkommnis: Bahrudin Atajic schießt Foulelfmeter über das Tor (86.)

 

ZuschauerInnen: 21.402

 

Bericht:

"Zeckenderby", ein neudeutsches Wort für meist von Fans oder Fangruppen initiierte Testspiele, die auch mal entgegen jedweder Logik mitten zwischen zwei enorm wichtigen Champions League Qualifikationsspielen augetragen werden und bei denen eine besonders angenehme Athmosphäre ohne jegliche Feindseeligkeiten vorherrscht. Wenn der Gegner dann auch noch mit der dritten Mannschaft anreist, fehlt zudem jeglicher sportlicher Reiz. Ein Celtic-Fan, der mit der Truppe zur Zeit durch Europa tourt, meinte jedenfalls gerade einmal drei Spieler der Startaufstellung jemals gehört zu haben.

 

Für uns ging es Freitag Nachmittag die Elbe hoch. Dank Stau und anderem Tamtam erreichten wir Hamburg mit einiger Verspätung. Nachdem wir im sensationell gelegenen Hotel eingecheckt und diniert hatten, ging es direkt Richtung Heiligengeistfeld, alles zu Fuß wohlgemerkt. Dom war angesagt. Ein wenig Achterbahn, ein wenig Bier. Dann zurück in eine der vielen Kneipen und unter die Celtic-Fans gemischt. In einer winzigen und urigen Kneipe wurden extra die schönsten Shantys von der grünen Insel gespielt. Wahlweise unterbrochen von Ceeeeeeeeeeeeeeeltic und anderen Sprechchören. Freundliche Begrüßung und Knuddellei inklusive. Ein Traum. Besoffene Fußballfans, die nicht den Hauch von Agressivität versprühen.

 

Noch schnell eine Runde über die Reeperbahn, dann Heim ins Hotel, wo noch ein paar Bier aus der Minibar und den Hotelreserven konsumiert wurden, aber dann mussten wir auch schon husch, husch ins Körbchen. Hafenrundfahrt war geplant. Statt 22 Euro für die Rundfahrt zu löhnen, kauften wir ein ganztägiges Gruppenticket und schipperten per Fähre über die Elbe. Zehn Euronen für alle zusammen. Ein äußert zuvorkommender Hamburger gesellte sich an unseren Roundtable und klärte uns über die wichtigsten Kuriositäten und Sehenswürdigkeiten auf. Bismarck, die Rickmer Rickmers, das angeblich erste Segelschiff mit stählernem Rumpf, Netzers Appartement und so fort. Vom Fischmarkt in Altona ging's nach Finkenwerder, zurück zu den Landungsbrücken, wo wir für die letzte Etappe zur Elbphilharmonie umsteigen mussten.

 

Nach einer kleinen Wanderung durch die Hafencity und die Speicherstadt, ging es per Hoch- bzw. U-bahn nach St. Pauli. Eigentlich hatten wir uns ob der Bierpreise von vier Euro pro Astra im Stadion darauf geeinigt, uns kräfitg auf dem Weg zum Stadion zu betrinken, diese Idee scheiterte jedoch. Stattdessen wurde der Imbiss geprüft und der Fanshop geplündert. Anderthalb Stunden hatten wir Zeit zu beobachten, wie die Schlangen vor der Gegengeraden utopische Längen erreichten. Das Fischbrötchen für günstige 2,50 war eine wahre Pracht, ganz im Gegensatz zur sogenannten "Currywurst". Das Astra vom Faß war ebenfalls ein wahrer Genuß.

 

Eine halbe Stunde vor Beginn enterten wir die Gegengerade, die bereits gut gefüllt war. Da sich beide Fanläger auf jener Tribüne vereinigten und eine gemeinsame Choreo präsentierten, war diese für uns leider nicht einsehbar. Der zweite Teil der sächischen Reisegruppe hatte sich zwar auf der Süd postiert, erschien aber zu spät zum Spiel und kann daher ebenfalls keine Eindrücke wiedergeben. Das Stadion an sich hat mir nicht sehr gefallen. Die Gegengerade ist der absolute Hit, viel Stehplatz und ein wenig Sitzplatz, der Unterrang der Nordtribüne stimmt wehmütig und erinnert an vorkommerzielle Zeiten. Abgenutzte Stufen, hoher Zaun. Die Stahlrohrtribüne als Oberrang hingegen erinnert an Energie Cottbus. Die Haupt- und die Südtribüne sind letztlich nicht besonders ansehnlich.

 

Das Spiel war ein Krampf und Stimmung nicht vorhanden. So waren wir dann auch nicht all zu erzürnt, als wir in der Halbzeit zum Bierstand stürmten und erst zur 75. Minute wieder im Stehblock ankamen. Am Zapfhahn war alles zusammen gekommen. Die Vordermänner orderten zwölf Bier auf einmal und dann musste das Faß gewechselt werden. Nach dem Spiel tauschten wir noch ein gerade erworbenes St. Pauli-Maillot mit dem Celtic-Überzug eines Schotten. Großes Trikot- und Schaltauschen war überall angesagt. Glücklich verweilten wir noch ein wenig auf der Tribüne, inmitten von gröhlenden Grün-Weißen und stimmten aufgrund von mangelnder Textsicherheit nur gelegentlich in die Gesänge mit ein. Ceeeeeeeeeeeeltic!

 

Interessanter Fakt zum Spiel: Das Verhältnis von Palästina- zu Israelflaggen: 6:1. Ein wenig gezündelt wurde auch. Die Rauchtöpfe wurden gar in Richtung Pauli-Bank und Linienrichter geworfen. Ein wenig irrenführendes Schauspiel, welches mit gellendem Pfeifkonzert begleitet wurde. Aber es wurde allenortes besonnen reagiert. Mehrere Platzstürmer wurden gefeiert und lockerten die etwas ermüdende Hitzeschlacht auf.

 

Dann ging es nochmal auf den Dom. Wildwasserbahn, Geisterbahn, Lose en masse, Pferdeknacker, Fischbrötchen, gebrannte Mandeln, Astra und eine abschließende Riesenradfahrt sorgten für beste Unterhaltung. Höhepunkt für alle Teilnehmenden war die Autoscooterfahrt, bei der es kräftige schepperte. Aber auch die Geisterbahn sorgte für allerlei Gelächter und verzweifelte Schausteller.

 

Letztlich fanden wir wieder in einer urigen Kneipe Zuflucht. Nachdem uns die indigene Fauna zunächst kritisch beäugte, wurde im Punkschuppen plötzlich the best of the 90s aufgelegt und wir entschlossen uns länger zu bleiben. Nach ein paar Cider bewaffneten wir uns mit Absackerbier fürs Hotel und gingen auf eine Pizza Richtung Große Freiheit. "Seid ihr Vampire?", "Wieso?", "Ihr glitzert, wie die Vampire in Twilight." So schockt man also die Bewohner einer Weltstadt. Auch der lilane TeBe-Beutel wurde kritisch gemustert und der Schal für unangebracht begutachtet. Als die Staatsmacht aufzog, ergriffen wir schließlich die Flucht. Vor dem Hotel wurden wir noch von einem Fan des FC Bayern angesprochen und man diskutierte angeregt deutsch-deutsche Zustände.

 

Fazit? Millerntor abgehakt.

 

Bilder:

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