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Testspiel| Fr., 15.08.2014 | 19:00 | Sportclubplatz

 

 

Wiener Sport-Club

 

 

1:4(0:1)

 


Associazione Sportiva Roma

 

 

Tore: 0:1 Gervinho (32.), 0:2 Pjanic (62.), 1:2 Günes (67.), 1:3 Iturbe (82. Foulelfmeter), 1:4 Ljajic (90.)

 

ZuschauerInnen: 7.112

 

Bericht:

Nachdem man sich vor zwei Jahren beim TeBe-Cup über den Weg lief und im Platzierungsspiel verbrüderte, luden uns die Wiener beim diesjährigen Cup auf ein kleines Stelldichein am Sportclubplatz ein. Natürlich ist das schnuckelige Schmuckkästschen in Hernals an sich schon eine Pracht, doch versprühte zuätzlich Mister Francesco Totti eine Anziehungskraft, der sich eine mohnrote Reisegruppe nicht versagen konnte.

 

Freitagmorgen ging's los. Mit der Deutschen Bahn Richtung Prag. In einem versifften Zug tuckerten wir die Elbhänge entlang. Die größte Zeit der Fahrt entschlief ich jedoch. In Prag angekommen, wechselten wir das Gefährt. Das bereitgestellte Vehikel der České dráhy wurde trotz knäpplichster Umstiegszeit von acht Minuten am hlavní nádraží problemlos erreicht. Ein schmuckes Teil, restlos voll, aber schmuck. Also drapierten wir uns auf dem Fußboden des Bahnabteils, den argwöhnischen Blicken der Reisenden ausgelieferte, die zur benachbarten Toilette bzw. dem Speisewagen pilgerten. Dennoch stank es weniger, als im Gefährt der DB.

 

Pünktlich erreichten wir Wien, durchfuhren den Hauptbahnhof und legten den Weg von Meidling zurück zum Hostel per U-Bahn zurück. Schnell einchecken, dann Ruck-Zuck-Sightseeing und ab nach Hernals. Unsere Zimmernachbarn stammten aus dem schönen Belgrad und wollten unbedingt wissen, woher wir stammen. Germany. Dresden. "Oh, Dynamo! 1991". Ein wenig Angst hatten wir dann schon, dass es in der Nacht zu Übergriffen kommen könnte, obwohl wir die Anhängerschaft zum schwarz-gelben Verein vehement verneinten.

 

Auf zum Billa, die Bierreserven auffüllen. Kannste knicken. Mariä Himmelfahrt verwehrte uns die Bierzufuhr. Während des Kurzausflugs zum Stephansdom musste die dürstende Reisegruppe darben, erst am Bahnhofskiosk zu Hernals konnte ein gutes 16er Blech erstanden werden. Von dort ging es umringt von Roma-Tifosi zum Stadion, wo man uns schon erwartete. Aus dem nichts tauchte dieser Traum von einem Fußballstadion rechter Hand in einer Seitenstraße auf. Unser Stadionguide berichtete von den Problemen, vor die der Sport-Club durch das italienische Gastspiel gestellt wurde. Pressetribünen, Eistonnen, etc.

 

Bereits am Donnerstag meldete der WSC 6.100 verkaufte Karten. Kritische Stimmen munkelten, dass die Organisatoren bei einer offiziellen Kapazität von 5.000 den Profit über die Sicherheit stellen. Doch geschickt hatten die Verantwortlichen die Chance genutzt, um die Gegengerade neu betonieren zu lassen, so das letztlich über 7.000 Schlachtenbummler den Weg in den 17. Wiener Gemeindebezirk finden durften. Bei einem Heimzuschauerschnitt vom 1.500 zu Ligaspielen eine ordentliche Zuschauerzahl, die den klammen Kassen eine stattliche Summe versprachen.

 

Das auch dank des etwas happigen Eintrittspreises. 19 Euro für eine unüberdachte Stehtribüne. Aber die reizenden Menschen und die sympathische Atmosphäre, gerne als "englisch" umschrieben, lässt sich in keinem Eintrittspreis der Welt aufwiegen. Außerdem gab es ein äußert liebevoll gestaltetes Programmheft für lau. Aber der nächste Schock folgte sogleich. Die Bierpreise. 3.50 für 0,5 Liter Ottakriner. Ein feines Bräu, aber doch schon recht deftig. Dazu ein Euro Pfand. Bei Sankt Pauli kam der 0,5er Schank Astra 4, zuzüglich 1,5o Pfand. Da ist man als Sportclubfan schon arg verwöhnt. Aber wir bieten auch keinen profesionellen Fußball, nicht dass hier einer auf Ideen kommt.

 

Nachdem das sachkundige Wiener Publikum auf Ergebnisse zwischen 0:7 und 0:14 getippt hatte, war die Sensation schon, dass die Schwarz-Weißen eine halbe Stunde lang die Null halten konnten. Dass nach einer Stunde das 0:2 fiel, aber nur fünf Minuten später wieder verkürzt wurden konnte, war die nächste Sensation. Und nur wenige Sekunden später, wäre gar ein Wunder geschehen und der Sport-Club hätte fast den Ausgleich erzielt. Und das trotz eines fast kompletten Durchwechselns der Mannschaft. Jeder sollte an diesem Freitag gegen die große AS Roma zum Zuge kommen. Auch der Torwarttrainer durfte sich die letzten Minuten nochmal ins Tor stellen.

 

Die Stimmung war traumhaft entspannt, ein paar Gesänge zum abschauen waren auch dabei. Die Gäste der AS Roma wurden so herzlich in Empfang genommen, man spürte es war ein besonderer Abend für den WSC. Und das auch ohne Totti, der sich die gesamte Zeit in den Katakomben versteckte. Ich fühlte mich seit langem bei keinem Fußballspiel mehr so gut unterhalten und pudelwohl, wie hier. Mein Mitstreiter meinte regelmäßig ein zufriedenes Glucksen bei mir ausgemacht zu haben. Nachdem Treffer zum 1:0 für die Gäste verharrte die FHT in andächtigem Schweigen. Das Vorhersehbare war eingetreten. Neben mir schüttelte ein Fan seinen Kopf und blickte enttäuscht Richtung eigene Fans. "Nichts, gar nichts!" Er meinte die ausbleibende, vielleicht die Mannschaft aufbauende Reaktion der WSC-Supporter. Eine der vielen Momente, in denen ich dachte, ist ja wie beim Sport-Club hier...

 

Passend oder unpassend dazu, die Aussage eines Verantwortlichen, der meinte, man wolle die Fans nicht länger nur in der Geschichte leben lassen, man wolle neue schreiben. Die Friedhofstribüne, übrigens benannt nach dem anrainenden Dornbacher Friedhof, lud auch nach dem Spiel noch zum verweilen ein, das schon abgestellte Flutlicht wurde nochmal angeknipst und wir lauschten ein paar schönen Geschichten der Heimfans. Außerdem konnten wir mit dem Gerücht aufhören, das Toilettieren koste Geld.

 

Alles weitere zu den FreundInnen der Friedhofstribüne hier.

 

Video (ab 8:50):

 

 

Bilder:

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