4. Spieltag, Stadtoberliga: TSV Cossebaude - Dresdner SC 1898 4:5 (2:2)

Aufstellung: Schouppe – Kraus, Wutschke, Nguyen, Sieradzki – Al Akied (82. Schulze), Hoffstadt, Effenberger (46. Milic), Pfitzner, Thomas – Nowack (46. Wetzel)

 

Tore: 0:1 Thomas (10.), 1:1 Arlt (12.), 2:1 Arlt (14.), 2:2 Thomas (33.), 3:2 Görig (50.), 4:2 Arlt (53.), 4:3 Thomas (60.), 4:4 Hoffstadt (71.), 4:5 Nguyen (90.+2)

 

ZuschauerInnen: 89

 

Bericht:

Der Dresdner Sportclub hat sein viertes Spiel in Folge gewonnen. 12 von 12 Punkte sind eine glänzende Bilanz. Unter den vier Siegen finden sich sogar drei Auswärtssiege. Geschossen hat der Sportclub 15 Tore, im Schnitt etwas weniger als vier Buden pro Spiel, allerdings auch schon 9 Gegentore kassiert, was einem Schnitt von mehr als 2 entspricht. Vor allem aber hat es sich die Mannschaft von Coach Wege zu Eigen gemacht, die Spiele auf möglichst spannende Weise zu führen. Zum hohen Unterhalungswert für den neutralen Beobachter, für den geneigten mohnroten Anhang bedeutet das allerdings, dass die Sportclub-Spiele zunehmend nervenraubend werden und ein hohes Infakt-Risiko sowie extremer Haarverlust aufgrund unermüdlichen Raufens nach sich ziehen.

 

Dieses mal ging's zu unseren Freunden vom TSV Cossebaude. Beste Erinnerungen werden wach, verspielte der Sportclub doch 2012 die Meisterschaft auf der schönen Anlage am Gohliser Weg. Für die wochenendliche Partie fallen einem so einige Bezeichnungen ein. Der wortreiche Ticker auf fussball.de titulierte das Spiel im Vorfeld als Spitzenspiel. Immerhin hat der ein oder andere den TSV tatsächlich als Favoriten auf den Aufstieg auf dem Zettel, was die drei Punkte umso wertvoller macht. Doch keine der beiden Defensiven präsentierte sich an diesem Wochenende dementsprechend. Achterbahnfahrt trifft das Spiel aus der emotionalen Perspektive sehr gut. Aus der Sicht des Autors scheint die Titulatur "Unterbietungswettbewerb" am angemessensten. Gegenseitiges unterbieten in den Disziplinen Zweikampfführung, nachlässigem Defensivverhalten und krasse Patzer im Spielaufbau! Frei nach dem Motto: "Das kann ich schlechter"! Am Ende waren die Tore aber kaum kacktorreif.

 

Die Partie beginnt rasant und der Sportclub erwischt den besseren Start. Thomas holt einen Ball an der Toraus-Linie, den die Cossebauder im Aus wähnen, doch nicht so das Referee-Gespann, sas Spiel läuft weiter und Thomas scheiert aus spitzem Winkel am gut parierenden Schlußmann. Nur kurze Zeit später ist Thomas wieder frei durch und kloppt den Ball in die Wolken. Der Club agiert ungewohnt uneffektiv. Doch nach 10 Minuten ist es endlich so weit und Thomas bringt den Ball im Tor unter und die Rothemden in Führung.

 

Läuft doch! Denkste, denn Cossebaude schlägt zurück, und das hochgradig effektiv. Stellungs- und Deckungsfehler im mohnroten Defensiv-Verbund ermöglichen den Hausherren innerhalb von vier Minuten nicht nur den Rückstand zu egalisieren, sondern auch in Führung zu gehen. Es ist der Mannschaft hoch anzurechnen, dass sie versucht in der Defensive den Ball zu erobern und eine spielerische Lösung für heikle Situationen zu finden, anstatt den Ball einfach ins Aus zukloppen, aber nach den zahlreichen Gegentoren sollte man sich erstmal die nötige Sicherheit erarbeiten, anstatt sich unnötig in schwierige Situationen zu bringen.

 

Beim ersten Gegentor ist es Long, der einen langen Ball eigentlich schön runter nimmt, aber anschließend im 1:1 vertendelt, wobei der Gegner auch Glück hat, dass Longs Klärungsversuch nach einem Pressschlag direkt in den Fuß springt. Viel schwerer wiegt, dass Arlt in der Mitte vollkommen freisteht, ungehindert bedient werden kann und schließlich problemlos einschiebt. Da hat das Deckungsverhalten nicht wirklich gestimmt. Beim zweiten Gegentreffer unterschätzt und unterläuft "Wutsch" einen langen Ball, Arlt knallt die durchgerutschte Murmel in den Knick. Nix zu machen für Keeper Schouppe.

 

Der Sportclub braucht jetzt einige Zeit um wieder ins Spiel zu finden. Nach einer halben Stunde findet ein wirklich schön gespielter langer Ball von Daniel Pfitzner den Fuß von Robert Thomas, der sich unnachahmlich im 1:1 gegen seinen Gegner durchsetzt und ausgleicht. Erstmal aufatmen, kurz vor dem Halbzeitpfiff kommt Cossebaude nochmal zur großen Chance zur erneuten Führung, vergibt allerdings. Mehr soll vor der Pause für beide nicht rausspringen.

 

Über die gesamte Partie bekam der Sportclub kein strukturiertes Angriffsspiel auf die Beine gestellt und versuchte es stattdesen mit langen Bällen auf die pfeilschnellen Offensivkräfte. Das Sturmtank Nick Nowack bei dieser Ausrichtung im Angriffsspiel nicht zum Glänzen kommt, versteht sich von selbst und kann ihm nicht angelastet werden. Vor allem vertendelt der Club im Mittelfeld zu viele Bälle aufgrund zu überheblicher Zweikampfführung. Den Cossebaudern reicht es zumeist, nur den Fuß hinzuhalten, um den Ball zu erobern.

 

In der Halbzeit reagiert Wege und bringt Wetzel sowie Milic. Mit der gewohnt nachlässigen Sportclub-Viertelstunde geht der Gastgeber nach der Pause mit einem strammen Schuss aus mittlerer Distanz mit 3:2 in Führung und kann kurz darauf sogar auf 4:2 erhöhen. In dieser Phase sind es vor allem die vernehmbaren Worte des Kapitäns, die den Glauben an einen Auswärtsdreier im mohnroten Anhang am Leben halten. Mit einer Stimmfärbung, die an Jürgen Prochnow, bekannt aus dem deutschen Filmepos "Das Boot", der als Kaleun Peteresen die U-96 durch die Tiefen des Atlantiks navagiert, erinnert, kommandiert "Koke" Hoffstadt die mohnroten Leichtmatrosen durch die Untiefen des Dresdner Unterklassenfußballs.

 

Dank des Torhüters der Hausherren gelingt den Mohnroten die Wende. Gerade hatte sich der Keeper noch von salbungsvollen Worten der heimischen Wechsler umgarnen lassen, die sich neben seinem Tor warmm achten, da haut er den Abstoß zu kurz in die Beine des eingewechselten Wetzels, der Rob "T-Bone" Thomas mustergültig bedient. Der Goalgetter lässt sich die Chance nicht nehmen und verkürzt. 10 Minuten später bringt erneut ein Fehler im Aufbauspiel den Sportclub endgültig zurück ins Spiel. Hoffstadt erkämpft tief in der Hälfte des Gegners den Ball und aus glänzender Position und kurzer Distanz versenkt "Kaleun Koke" trocken in die Kurze.

 

Die auffälligen Ähnlichkeiten zwischem dem athletischen Mittelfeldmotor und dem Sportclub-Käpitän konnten btw. beim Konsum der beliebten Konsolen-Simulation "FIFA18" diagnostiziert werden. Doch genug aus dem Nähkästschen. Zurück zum Spiel. Der Sportclub hatte in einer irren Partie den Ausgleich geschafft und es sollten noch 20 Minuten die Uhr runterlaufen.  Wer es mit ansehnlichem Fußball hielt, hatte also noch Einiges zu leiden. Keine Mannschaft bekommt dem Spiel seinen Stempel aufgedrückt  oder kann irgendwie Oberwasser erlangen. Der Führungstreffer liegt irgendwie für beide Truppen in der Luft. 

 

Es reihen sich Stockfehler an Fehlpässe und irritierende Schiedsrichter-Entscheidungen. Da den Cossebaudern allerdings die Puste ausgeht, werden die schmerzhaften Fehler im mohnroten Aufbauspiel nicht mehr bestraft. Knackig wird es in der Nachspielzeit. Es gibt nochmal Eckball für Cossebaude. Schouppe unterschätzt den Ball, kommt mit der langen Pranke zwar noch dran, kann die Flugbahn allerdings nicht entscheidend beeinflussen. Glückerlicherweise kann die Murmel geklärt werden. Der Gegenangriff läuft und Wetzel schlägt den Ball aus dem Halbfeld in die Box. Thomas wäre durch gewesen, wird jedoch gelegt. Der Schiedsrichter pfeifft sofort, zieht sich genau deswegen aber den Unmut der Gäste zu. Denn im Strafraum steht Milic mit dem Ball am Fuß frei vorm Hüter und kann es zurecht nicht fassen. Der fällige Freistoß von Hoffstadt wird zwar gefährlich abgefälscht, kann aber vom Schlußmann noch pariert werden.

 

Die erste Ecke wird erneut zur Ecke geklärt. Den zweiten Ball in die Mitte möchte der Cossebauder Keeper pflücken, doch stattdessen lässt er den Ball aus den Händen gleiten, vor die Füße von Long, der die Pille zum berauschenden Jubel der Mitgereisten im Tor einschiebt. Der Schlußpfiff geht unter im Jubel des Sportclub-Anhangs.

 

Drei Punkte die einen fast ratlos zurück lassen. Der Angriff gewinnt Spiele, die Defensive Meiterschaften. So die Theorie. Die Realität belehrt uns derzeit eines besseren. Wir sind gespannt, wie lange der Versuch, diese alte Fußballweisheit zu wiederlegen, gut geht. Mit vielen Clubs könnte man nach einem solchen Kick Mitleid heucheln. Gegen den TSV Cossebaude allerdings, der kein Problem mit Thor-Steiner-Neonazi-Publikum hat, dass schonmal ungestraft forden kann, den Flüchtling endlich umzuhauen, tut so ein dreckiger Auswärtssieg doppelt gut. Stattdessen schwadronierte der Ordnungsdienst der Hausherren lieber von marodierenden Sportclub-Horden. Hatten es sich doch zwei Anhänger gewagt, das Spiel vom maroden Zaun aus zu verfolgen, der in der Vergangenheit bereits argh gelitten hatte und nur noch am sprichwörtlichen seidenen Faden vor sich hin siechte. Vorlage direkt verwandelt: Sportclub-Hools verwürsten wehrlosen Maschendrahtzaun! (Viel Spaß mit dem Ohrwurm.)

 

Ich hoffe inständig, dass wir die gezeigte Überheblichkeit schnellstens wieder abstellen und versuchen zu ansehnlicherem Fußball zurück kehren, statt den Ball ständig lang zu kloppen. Auch wenn das der modus operandi der Stadtoberliga zu sein scheint. Das ist auch kein Widerspruch zum weniger eleganten bereinigen von brenzligen Situationen, falls jetzt schon jemand den Finger gehoben hatte. Aber solange das Ganze Erfolg hat, hat nur einer Recht und das ist Coach Wege.

 

Bilder: