20. Spieltag, Stadtoberliga Dresden, SV Loschwitz - Dresdner SC 1898 0:4 (0:2)

Aufstellung: Tegenkamp - Zacher (73. Riedel), Hoffstadt, Wutschke, Long, Käseberg - Müller (73. Petko), Effenberger, Wetzel - (60. Milic), Ismail

 

Tore: 0:1 Wetzel (21., FE), 0:2 Ismail (23.), 0:3 Wetzel (53.), 0:4 Ismail (64.)

 

Besonderes Vorkommnis: Gelb-Rot Wetzel (88., wg. Meckern)

 

Bericht:

Seid nunmehr drei Spielen ist die DSC-Defensive ohne Gegentor. Zwei Nullen darf sich Ralph Schouppe ans Revers heften, eine geht an Lasse Tegenkamp. Letzterer stand am Wochenende das erste Mal seit letzter Saison im Kasten. Einen weiteren Auftritt gab's in der vergangenen Spielzeit nicht, und diese Saison? Am Montag waren jedenfalls beide Keeper im Training und gingen offensichtlich unverletzt vom Platz. Da muss der Coach den Konkurrenzkampf wohl noch ein wenig anheizen.

 

Diese Konstellation steht stellvertretend für den enormen Luxus, den sich DSC-Headcoach Wege in dieser Saison gönnt: die enorme Breite und Ausgeglichenheit des Kaders. Auch am Wochenende musste, oder durfte, wieder kräftig rotiert werden. Neu in der Startformationen fanden sich neben "Klasse Lasse" Tegenkamp noch Julius Wetzel, Joe Zacher, Ahmad Ismail und Martin Käseberg. Zudem tummelten sich mit Sascha Riedel auf der Bank ein paar Beine, die beim letzten Heimspiel ebenfalls durch Abwesenheit glänzten. "Ach", denkt man sich, "den gibt's ja auch noch!" Und beim zweiten hindenken: "Der war ja so schlecht nun auch nicht!"

 

Die größte Überraschung für die überschaubare Anzahl an heimischen ZuschauerInnen war der Umstand, dass es nach zehn Minuten noch 0:0 stand. Das Vertrauen in die eigene Truppe schien die letzten Wochen arg gelitten zu haben. Kaum war diese defätistische Obszönität artikuliert, landete eine Flanke aus dem Halbfeld vor den Füßen eines von allen Geistern verlassenen Loschwitzer Angreifers. Das muss die Führung für die Hausherren sein. Eine 1000-prozentige Chance. Ob's nun die Aufregung war, dem mohnroten Defensiv-Bollwerk einen Schandfleck auf die weiße Weste zu schlonzen, die dem Stürmer die Nerven versagen ließen, oder lediglich die blanke fußballerische Unbeflecktheit, die zum Scheitern führte, weiß Gott allein. Der Ball kullerte jedenfalls betröppelt ins Aus.

 

So konnte schließlich Julius Wetzel, mit allen Regeln der Kunst brechend, einen an ihm verwirkten Elfmeter treffsicher ins rechte Eck verwandeln. Noch während die Republik über dieses die Weltgeschichte in ihrem Fortgang nachhaltig beeinflussende Ereigniss per Facebook informiert wurde, demoralisierte Ismail die weinrote Pressingmaschine durch einen eiskalt versenkten Konter nachhaltig. Wer unter "clinical finishing" im Diktionär nachschlägt, findet ein Bild von Ahmad Ismail. Die Hausherren hatten sich scheinbar auf Geheis ihres Trainers ein wenig "verrannt". Höhö. Timo Hoffstadt wollte dann kurz vor der Pause den Deckel drauf machen, scheiterte aber mit seinem Versuch am Pfosten. Sehenswert hatte der Kapitän versucht eine Ecke ins Tor tropfen zu lassen.

 

Im zweiten Durchgang war es bereits angesprochener Hoffstadt, der sich mit einem passablen Solo-Lauf durch die Loschwitzer Hintermannschaft tanzte. Als Dekor gab's einen wuchtigen Schuss aus zweiter Reihe, denn der Schlußmann der Hausherren nur vor die Beine von Wetzel klatschen konnte. Dieser staubte den Ball ins leere Tor ab. Schließlich durfte Ismail nochmal ran. Über links leitete Käseberg einen Konter ein und schickte Wetzel auf Reisen. In meinem Nebenmann brach sich der Kleinfeldtrainer den Weg nach draußen und er forderte lautstark einen konsequenten Sprint zum Tor. Offensichtlich irrtiert, kappte der notorische Rebell Wetzel daraufhin ein und degradierte sich im Wortschwall des Kollegens damit kurzzeitig vom Übertalent zum Rumpelfußballer. Was das eingeschränkte Sichtfeld meines Nachbarn jedoch nicht zeigte, und der hier Schreibende natürlich längst durchschaut hatte: auf dem rechten Flügel des Platzes hatte sich Ismail in Position gebracht und vollstreckte den Seitenwechsel in äußerst abgezockter Manier. ("Clinical!") Der Kuchen war gegessen und die mohnrote Kappelle schipperte die drei Punkte sicher und zu Null in den heimischen Hafen.

 

Kurz vor dem Schlußpfiff hauten sich die mohnroten AnhängerInnen nicht nur gegenseitig die Taschen voll, sondern ergingen sich auch in Lobeshymnen über den souveränen Referee. Der war nun plötzlich gar nicht mehr so einwandfrei und ließ den Loschwitzern beim ein oder anderen unnötigen Einsteigen freien Lauf. Für ein gelbwürdiges Foul gab's nicht mal den Freistoß-Pfiff. Als Wetzel auf Eckball reklamierte, meinte der Schiedsrichter, der auf Abstoß entschieden hatte, ihn dafür mit Gelb bestrafen zu müssen. Unser Hitzkopf hatte erahnt, was sich da anbahnt und die bevorstehende Aktion mit etwas hämischen, aber kaum ehrverletzenden Worten bedacht. Der Referee freute sich diebisch. Die Karten schnippsten aus dem Toaster und Wetzel wurde zum vorzeitigen Duschen geschickt. Augenmaß sieht anders aus.

 

Zum Man of the Match avancierte Kay Effenberger. Auch wenn der mohnrote Mittelfeldakteur in den augenscheinlichen Statistiken fehlt und weder durch Torerfolg noch Vorlage glänzte, führt hier kein Weg an dieser Maschine vorbei. Mein bereits erwähnter Nebenman ergötzte sich an jeder Aktion des Sportclub-Eigengewächses mit immer größeren Lobeshymnen. Gerade grätschte der Deffensivberger dem Gegner am eigenen 16er noch den Ball vom Fuß, schon machte Offensivberger am anderen Ende des Platzes seinen eigenen langen Ball fest. Schier übermenschlich dieser Mann, der sich am Anfang des Spiels noch als Schatten seiner selbst auf den Platz schleppte, als hätter er die Nacht durchgezecht. Understatment ist alles!

 

ZuschauerInnen: 42